Feuerland – was für ein Name. Rein davon ausgehend rechnet man mit Vulkanen, unerträglicher Hitze oder sengender Sonne. Dabei hat die Betitelung dieser Insel einen ganz profanen Ursprung. Die ersten Europäer, die sich bis dahin vorwagten, sahen schon von ihren Schiffen aus in den Siedlungen der Küste entlang zahlreiche Feuer. Aus dem ganz simplen Grund, dass sich die Ureinwohner vor der Kälte und dem omnipräsenten Wind schützen wollten. Somit gaben sie dem Eiland den Namen Tierra del Fuego – Feuerland.

Warum in aller Welt sollte man einem solchen Ort einen Besuch abstatten, noch dazu auf Wanderschaft? Weil es sich ganz einfach lohnt. Nicht nur, da sich eine einzigartige Natur auf der zu Teilen chilenisch und argentinischen Insel vorfindet, auch weil man als reisender Geselle mit etwas Glück zu sehr interessanter Arbeit kommt.
So erging es dem fremden Rolandsbruder Jonathan Wertmann und meiner Wenigkeit. Nachdem wir vorher einen Teil Argentiniens und Santiago de Chile bereist hatten, fiel die Entscheidung, die südlichste Stadt des Erdballs zu besuchen. Dies ist Ushuaia, gelegen am Beagle-Kanal und Ausgangspunkt für zahlreiche Antarktisexpeditionen.

Wir kamen bei 9°C und deckel-entreißenden Winden auf der Insel an und machten uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Da es Mitte Januar war, gestaltete sich das Unterfangen als weitaus schwieriger als gedacht. Hauptsaison für Touristen und die argentinischen Sommerferien – da ist nicht mehr viel Platz frei. Nachdem uns diverse Hostels eine Absage erteilt hatten, kam uns Freund Zufall zu Hilfe. Wir wurden angesprochen. Aber auf Deutsch! Was denn zwei Zimmerleute hier machen würden, fragte uns ein Mann. Er stellte sich als Pablo vor, geboren auf Feuerland, verheiratet mit einer Deutschen und Fremdenführer. Wir erzählten ihm von unseren Plänen und der momentanen Unterkunftsmisere. Sofort bot er uns ein Zimmer in seinem Haus an und spendierte uns mit seinem Auto noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt. Beim Abendessen stellte sich heraus, dass seine Frau dem Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschunterricht gab, da dieser zwar deutsche Wurzeln hat, aber mit Beginn der Schulzeit nur noch Spanisch sprechen durfte.

Aber eben dieser Konsul besitzt eines der größten Bauunternehmen in Ushuaia und die beiden waren sicher, dass für zwei Zimmerleute Arbeit zu finden sei.

Am nächsten Tag schauten wir beim Konsul vorbei und dieser zeigte sich begeistert. Deutsche Zimmerer bei ihm, und die wollen auch noch arbeiten! Stolz führte er uns über sein Firmengelände, das zwei große Holzwerkstätten mit diversen stationären Maschinen, ein großes Holzlager und eine eigene Trockenkammer besitzt. Zusätzlich vermietet er noch Ferienhäuser im viktorianischen Stil.

Reisebericht Benedikt Schuster

Mit dem Honorarkonsul

 

Nachdem wir auf unserer bisherigen Reise schon einige schier unglaubliche „Baukünste“ der Argentinier und Chilenen bewundern konnten, war dies ein willkommenes Kontrastprogramm.
Dann zeigte er uns sein neuestes Projekt auf dem Gelände, eine große Garage. Dafür fehlten noch die Tore und somit stand unsere Aufgabe fest.

Am nächsten Tag begannen wir unsere Arbeit, eine Skizze wurde uns bereitgelegt, über alles andere hatten wir freie Hand. 3 Tore sollten es werden, 2,60m breit und unterschiedlich hoch, da es dort unten so üblich ist, die Bodenplatte mit Gefälle zu bauen (der Sinn blieb uns allerdings verborgen).

Das Holz, das auf Feuerland und in großen Teilen Patagoniens verwendet wird, nennt sich Lenga, auch Südbuche. Die Verwendungszwecke sind sowohl im Baubereich als auch im Möbelbau. Witterungsbeständigkeit, da gerbsäurehaltig, mittlere Faserlänge und Farbtöne von hellem Rot bis zu Grün kennzeichnen das Holz. Außerdem ist es recht feinjährig gewachsen.

 

Während einer von uns aus dem Lager die passenden Hölzer zurechtlegte, konnte der andere mit dem Abrichten beginnen. Als wir damit fertig waren, ging es ans Dickenhobeln. Danach teilten wir uns arbeitsmäßig auf. Jonathan fräste und verleimte die Bretter für die Füllungen, ich begann mit dem Ablängen der Zargen und der Ausarbeitung der Zapfen. Danach mussten die Zapfenlöcher angerissen und ausgearbeitet werden. Dies geschah an einem abenteuerlichen Langlochbohrer, der an die Welle der Dickenhobelmaschine gekoppelt war. Ein Fest für jeden BG-Kontrolleur.

Jonathan konnte in der Zwischenzeit mit dem Schleifen der Füllungen beginnen. Es ging voran und so war es möglich, das erste Segment eines Tores zu verleimen. Da ein eklatanter Mangel an funktionierenden Zwingen vorherrschte, mussten wir mit einem improvisiertem Gestell und Keilen arbeiten, aber wir meisterten diese Hürde. Ähnlich erging es uns mit dem Verleimen der ersten beiden Segmente zum ersten Tor. Da es in diesem Betrieb Usus ist, die Zapfen nochmals mit Holznägeln zu sichern, wurden noch Löcher gebohrt und Holznägel gefräst.

Das überraschte uns dann schon sehr, dass es hier keine Fertigteile gab, sondern alles selbstgemacht werden musste. So langsam nahm das erste Tor Gestalt an. Die Füllungen wurden eingepasst und die Leisten sowie die Zierkreuze angefertigt. Unnatürlich für uns Zimmerer waren die vielen Schleifarbeiten, doch man ist ja flexibel und kann sich an neue Arbeitsabläufe einstellen. Wir arbeiteten uns voran, bis letztendlich die drei Tore entstanden waren.

Insgesamt haben wir gut zwei Wochen in dem Betrieb gearbeitet und dort interessante Erfahrungen gemacht. In den heimischen Werkstätten wird wohl nirgends mehr so geschafft, aber es war toll, bis auf die Schrauben und den Leim wirklich alles selbst hergestellt zu haben.

Danach war die Lust aufs Reisen wieder geweckt, so machten wir uns auf Richtung Norden, um noch mehr von Feuerland und Patagonien zu sehen.